Ausstieg aus einem Hypotheken-Darlehen

Private Immobilienfinanzierung:

So funktioniert der vorzeitige Ausstieg aus einem Hypotheken-Darlehen

TREWIUS Rechtsanwälte: Kreditverträge auf fehlerhafte Widerrufsbelehrung prüfen. Neue EU-Richtlinie bringt mehr Rechte für Kreditnehmer.

(Eislingen, 10. Oktober 2013) Immobilieneigentümer, die das weiter günstige Zinsniveau nutzen wollen, können nur mit größeren Problemen aus laufenden Darlehensverträgen mit längerer Zinsbindung aussteigen. Entweder lehnt die Bank ab oder sie verlangt eine Vorfälligkeitsentschädigung. Diese hohe Strafzahlung entfällt, falls der Kreditnehmer seinem Geldinstitut eine “fehlerhafte Widerrufsbelehrung” im Darlehensvertrag nachweisen kann. Darauf weist die auf die Interessenvertretung von Bankkunden spezialisierte Kanzlei TREWIUS Rechtsanwälte in Eislingen hin. Weitere Erleichterungen für Hypotheken-Schuldner verspricht eine EU-Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Nach wie vor sind die Hypothekenzinsen historisch günstig, deshalb verlockend niedrig. Ein Baukredit mit zehnjähriger Zinsbindung kostet, je nach Bank oder Sparkasse, weniger als drei Prozent. Ein Immobilien-Darlehen mit 15- oder 20-jähriger Zinsfestschreibung ist nur 0,4 bzw. 0,6 Prozentpunkte teurer. In sämtlichen Laufzeitbereichen liegen die Zinssätze deutlich, teils mehr als zwei Prozentpunkte, unter ihren langfristigen Durchschnitten. Folge: Wer jetzt die Anschlussfinanzierung für seine Immobilie unter Dach und Fach bringt, kann – abhängig vom Darlehensbetrag – Jahr für Jahr mehrere Tausend Euro Zinsen einsparen. Die Gesamtersparnis während der neuen Zinsbindungsdauer, meist erneut 10 oder 15 Jahre, beträgt im Einzelfall 50.000 Euro und mehr.

Leider können viele Immobilien-Eigentümer nicht vom billigen Baugeld und der damit verbundenen hohen Zinsersparnis profitieren. Dies gilt zumindest auf den ersten Blick. “Doch bei näherem Hinsehen haben Darlehensschuldner rechtlich saubere Möglichkeiten, aus hochverzinsten Baukrediten aus- und in spürbar niedriger verzinste Immobilien-Darlehen einzusteigen”, erläutert Armin Wahlenmaier, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der Kanzlei TREWIUS in Eislingen. Bisweilen klappt das sogar kostenlos. “Nämlich sobald der Kreditnehmer seiner Bank oder Sparkasse eine rechtlich nicht korrekte Vertragsgestaltung nachweisen kann”, erklärt Fachanwalt Wahlenmaier. Die Details:

Darlehen mit (sehr) langer Zinsbindung dürfen Kreditnehmer zehn Jahre nach vollständiger Auszahlung kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Rechtliche Grundlage ist § 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Beispiel: Zu Jahresbeginn 2002 kosteten Hypotheken-Darlehen mit 15-jähriger Zinsbindung rund 6,3 Prozent. Wer einen solchen Baukredit jetzt kündigt und umfinanziert, spart bei ebenfalls 15 Jahren Zinsfestschreibung gut drei Prozentpunkte Jahreszins.

Verkauf der Immobilie. In diesem Fall hat der Schuldner auf Grundlage von § 490 BGB ein “Außerordentliches Kündigungsrecht”. Die Kündigungsfrist beträgt hier drei Monate. “Das Außerordentliche Kündigungsrecht kann ein Schuldner frühestens sechs Monate nach kompletter Auszahlung des Darlehens wahrnehmen”, erläutert TREWIUS-Partner Wahlenmaier.

Wichtig: Bei einem Darlehensausstieg durch Außerordentliche Kündigung darf der Gläubiger, also die finanzierende Bank oder Sparkasse, ihrem Schuldner eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen. Dabei handelt es sich um eine Ausgleichszahlung für aufgrund der Vertragskündigung entgangene Zinsgewinne aufseiten der Bank. Dies kann, abhängig von der verbliebenen Zeit bis zum Ende der Zinsbindung, durchaus ein fünfstelliger Euro-Betrag sein. Allerdings dürfen die “Institute die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung nicht nach Gutdünken festlegen”, betont Fachanwalt Wahlenmaier. Die korrekte Berechnungsmethode hat der BGH bereits vor zehn Jahren in einem Grundsatzurteil festgelegt (Az.: XI ZR 285/03).

Darlehensausstieg zwecks Zinsersparnis. Hier ist die Chance, zügig und zu akzeptablen finanziellen Konditionen aus seinem vergleichsweise hoch-verzinsten Darlehensvertrag herauszukommen, denkbar ungünstig. Denn die Geldinstitute sind nicht dazu verpflichtet, einem Schuldner den vorzeitigen Ausstieg zu gestatten. Fall sie dies dennoch tun, “gibt es für die Berechnung der dann fälligen Vorfälligkeitsentschädigung praktisch keine rechtliche Grundlage. Das Geldinstitut kann also, nicht zuletzt zur Abschreckung, eine utopisch hohe Strafzahlung verlangen”, warnt Wahlenmaier. In einem solchen Fall lohnt ein erneuter Blick in den Darlehensvertrag. Denn möglicherweise gibt es doch eine elegante Ausstiegschance. Nämlich bei …

… fehlerhafter Widerrufsbelehrung durch den Darlehensgeber. Hintergrund: Die Widerrufsbelehrung ist obligatorischer Bestandteil des Darlehensvertrags mit Privatpersonen. Rechtliche Grundlage für alte Fälle ist die “Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach Bürgerlichem Recht” (auch “BGB-Informationspflichten-Verordnung”, BGB-InfoV, genannt). Für alle Neufälle seit dem Jahr 2010 gelten die Regelungen des EGBGB – “Einführungsgesetz des Bürgerlichen Gesetzbuches”.

Wichtig: “Wenn die Bank oder Sparkasse als Kreditgeber den vom Gesetzgeber vorgegebenen Mustertext nicht sowohl inhaltlich wortgetreu widergibt als auch optisch deutlich darstellt, gehen mögliche Unrichtigkeiten zu Lasten der Bank”, erklärt TREWIUS-Partner Wahlenmaier. Selbst die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung der BGB-InfoV, die von 2002 bis 2008 Gültigkeit besaß, hat der Bundesgerichtshof für fehlerhaft erklärt (Urteil vom 1.12.2010, Az.: VIII ZR 82/10). Nach den Feststellungen der Rechtsanwaltskanzlei TREWIUS beinhaltet ein Großteil aller seit dem Jahr 2002 abgeschlossenen Darlehensverträge fehlerhafte Belehrungen. In diesen Fällen beginnt die Widerrufsfrist grundsätzlich nicht zu laufen, so dass der Darlehensvertrag auch noch nach Jahren widerrufen und rückgängig gemacht werden kann. So eine BGH-Entscheidung vom 26.07.2011 unter dem Az.: XI ZR 349/10. Wahlenmaier empfiehlt privaten Kreditnehmern deshalb eindringlich, “laufende Darlehensverträge von einem versierten Fachanwalt im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Widerrufsbelehrung überprüfen zu lassen.” Weitere Informationen zu diesem Thema.

Neue EU-Richtlinie. Die “Richtlinie zur Reform von Wohnimmobilienkreditverträgen” wurde kürzlich verabschiedet. “Sie dürfte eine Verbesserung des Verbraucherschutzes, insbesondere für private Schuldner, bringen”, ist Fachanwalt Wahlenmaier überzeugt. Vor allem wird sie voraussichtlich den Ausstieg aus laufenden Kreditverträgen erleichtern.  Wie dies im Detail geregelt wird, hängt vom Gesetzgeber in Deutschland ab, da die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden muss.

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